Unternehmensstrafrecht


Das Unternehmensstrafrecht stellt ein Teilgebiet des (allgemeinen) Wirtschaftsstrafrechts dar und hat die Sanktionierung von juristischen Personen und Personenverbänden zum Inhalt. Da das deutsche Strafrechtsystem dogmatisch betrachtet ein Schuldstrafrecht ist, d.h., dass die strafrechtliche Verurteilung eines Täters nicht nur die tatbestandsmäßige und rechtswidrige, sondern im Regelfall auch die schuldhafte Begehung einer Straftat voraussetzt, ist die Konstruktion einer originären Strafbarkeit eines Unternehmens sowohl aus strafrechtsdogmatischen als auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht ganz unproblematisch. 

 

Die Rechtsgrundlagen für ein Unternehmensstrafrecht liefert bis heute insbesondere das Ordnungswidrigkeitenrecht, nach dem Unternehmen mit empfindlichen Bußgeldern belegt werden können. Aus Gründen der anstehenden Reformierung hat das hat das Bundesministerium der Justiz am 21. April 2020 einen Referentenentwurf eines Verbandssanktionengesetzes (VerSanG) veröffentlicht. Unter dem 16. Juni 2020 fand die Veröffentlichung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft statt. 

 

In wenigen Fällen verfolgen die Staatsanwaltschaften einzelne Mitarbeiter des Unternehmens auf den unteren Hierarchiestufen. Sie zielen zunehmend auf die Unternehmensleitung und auf das Unternehmen selbst ab. 

 

Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Vorschrift des § 30 OWiG (Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen), die im Falle einer vorsätzlichen Straftat eine Geldbuße bis zu zehn Millionen Euro und im Falle einer fahrlässigen Straftat eine Geldbuße von bis zu fünf Millionen Euro vorsieht. In der Praxis erfährt die Unternehmensgeldbuße gem. § 30 OWiG bei den Ermittlungsbehörden deshalb an Beliebtheit, da die Beweisanforderungen im Vergleich zu individuellen Strafverfahren zulasten einzelner Beschuldigter wesentlich geringer ausfallen. 

 

Geldbußen zulasten von Unternehmen sollen von diesen keinesfalls bagatellisiert werden. Als begleitendes Instrument tritt die Gewinn- bzw. Vermögensabschöpfung gem. § 17 Abs.4 OWiG neben die Unternehmensgeldbuße. Danach kann der wirtschaftliche Vorteil, den das Unternehmen durch die Begehung der Tat erlangt hat, eingezogen werden. Übersteigt dieser Vorteil die Geldbuße, so kann die vorgenannte Grenze überschritten werden. 

 

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Bußgeldentscheidungen mitunter in das Gewerbezentralregister eingetragen werden.

Das Gewerbezentralregister wird beim Deutschen Bundesamt für Justiz als besondere Abteilung des Bundeszentralregisters geführt. Neben Verwaltungsentscheidungen (Gewerbeuntersagung, Rücknahme von Erlaubnissen, Konzessionen etc.) werden u.a. Bußgeldentscheidungen wegen bei oder im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung begangener Ordnungswidrigkeiten sowie entsprechende strafrechtliche Verurteilungen erfasst. Dies gilt für eine im Zusammenhang mit einer Gewerbeausübung stehenden Bußgeldentscheidung bereits dann, soweit die Geldbuße lediglich mehr als 200,00 Euro beträgt. Das Gewerbezentralregister nutzen beispielsweise Behörden, um die Zuverlässigkeit von Personen und Unternehmen zu beurteilen (Relevanz z.B. für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen).

 

Was viele Unternehmer im Kontext von strafrechtlichen Ermittlungen nicht wissen: Auch das Unternehmen selbst hat Möglichkeit, sich aktiv an Ermittlungs- und Strafverfahren mit Bezug zum Unternehmen zu beteiligen und das Ermittlungsverfahren wie das Strafverfahren mit Unterstützung eines eigenen Strafverteidigers mit zu steuern.

 

Die Möglichkeiten und rechtlichen Grundlagen dieser Art der strafrechtlichen Unternehmensvertretung – und somit die Vorstufe zu einem Unternehmensstrafrecht – haben wir aufgrund einer maßgeblichen Vielzahl von Mandaten analysiert und in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt.

 

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