Aktuell


Geschwindigkeitsüberschreitung - Auswertung der Messung durch Private

Hat die Verwaltungsbehörde die Auswertung von Rohmessdaten einer Geschwindigkeitsmessung im vollen Umfang einem Privatunternehmen überlassen, so kann das erzielte Ergebnis aufgrund Vorliegen eines Beweisverwertungsverbotes nicht Grundlage einer Verurteilung des Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung sein (AG Parchim Urt. v. 01.04.2015, Az. 5 OWi 2215/14; AG Kassel Urt. v. 14.04.2015, Az.  385 OWi - 9863 Js 1377/15).

 

Den Betroffenen wurden Geschwindigkeitsüberschreitungen zur Last gelegt. In beiden Fällen waren die Messungen nicht durch die Verwaltungsbehörde selbst, sondern durch private Unternehmen ausgewertet worden. Beide Betroffenen wurden durch die Amtsgerichte freigesprochen. Begründet wurde dies damit, dass die Feststellung von Ordnungswidrigkeiten eine typische Hoheitsaufgabe aus dem Kernbereich staatlichen Handels sei, bei der eine Mitwirkung Privater nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich sei. Diese seien in beiden Fällen nicht gewahrt gewesen.

 

In dem vom AG Kassel zu entscheidenden Fall kam erschwerend hinzu, dass das mit der Auswertung beauftragte Privatunternehmen, welches als GmbH satzungsgemäß einem Gewinnstreben unterlag, lediglich dann einen monetären Ertrag für seine Arbeit erhielt, wenn die Messung als verwertbar eingestuft wurde. Die Entscheidung, ob die Messung verwertbar oder unverwertbar war, oblag jedoch dem Unternehmen selbst. Das AG Kassel führte aus, dass das somit bestehende Eigeninteresses des Privatunternehmens an dem Auswertungsergebnis einen Interessenkonflikt darstelle, der im Rahmen einer hoheitlichen Messung nicht hingenommen werden könne.

 

von Rechtsanwältin Valerie Ritter 

 

Kfz-Kennzeichenmitnahme ab 01.01.2015

Ab dem 01.01.2015 kann man als Halter sein Kfz-Kennzeichen mitnehmen, wenn man in einen anderen Zulassungsbezirk zieht. Nach wie vor ist allerdings eine Ummeldung zum zuständigen Straßenverkehrsamt erforderlich.

 

Section Control - das neue Blitzen?

Section Control wird derzeit bereits in Österreich, der Schweiz und Italien, in Großbritannien, Polen und in den Niederlanden eingesetzt. Es handelt sich dabei um ein Strecken-Radar, bei dem das Tempo der Autofahrer statt an einer bestimmten "verkehrskritischen Stelle" über eine längere Strecke gemessen wird. Ab dem Frühjahr 2015 wird es nunmehr auch von Niedersachsen als erstes Bundesland getestet. Der Pilotversuch soll auf einem drei Kilometer langen Abschnitt der B6 zwischen Gleidingen und Laatzen durchgeführt werden.

 

Beim Strecken-Radar wird jedes Fahrzeug zu Beginn des Radarabschnitts sowie am Ende der Radarstrecke elektronisch erfasst und daraus die Durchschnittsgeschwindigkeit errechnet. „Geblitzt“ wird, wenn diese durchschnittlich gefahrene Geschwindigkeit das vorgeschriebene Tempolimit überschreitet.

 

Befürworter dieser Methode sind der Ansicht, dass sie eine faire Alternative der Geschwindigkeitsmessung darstelle, da sie nicht nur eine sehr kurze Momentaufnahme sei, sondern das Tempo an mehreren Stellen über eine längere Strecke messe. So drohe ein Bußgeld nicht bereits bei einer kurzen Geschwindigkeitsbeschleunigung, sondern erst bei langfristiger Geschwindigkeitsüberschreitung.  

 

Mit Section Control werden aber entgegen der bisherigen Praxis nicht nur dann Bilder von Fahrzeugen aufgenommen, wenn deren Fahrer bereits im Verdacht stehen, eine Ordnungswidrigkeit begangen zu haben, sondern von allen Fahrzeugen und damit auch von sich vorschriftsmäßig verhaltenden Fahrern, die den ersten Messpunkt passieren.

 

Dies ist rechtlich problematisch, da Maßnahmen der Verkehrsüberwachung mithilfe von Foto- und Videokameras einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellen.

 

Ein solcher Eingriff ist nur dann zulässig, wenn er auf einer gesetzlichen Grundlage beruht. Die Verkehrsbehörden sehen diese in den Vorschriften des § 100 h Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Strafprozessordnung i. V. m. § 46 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz. Das ist rechtlich auch nicht weiter zu beanstanden, wenn der "Geblitzte" durch die Geschwindigkeitsüberschreitung Anlass zur "Erforschung des Sachverhalts" gegeben hat, d.h. wenn diese nachweislich vorher erfolgte. Nach Ansicht des Niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius sollen die Vorgaben des Datenschutzes auch durch das geplante Strecken-Radar eingehalten werden. Ob dies die Gerichte ebenfalls so sehen werden, bleibt abzuwarten.

von Rechtsanwältin Valerie Ritter 


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